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Die Flammschutzwirkung der Hydrate basiert auf physikalisch- chemischen Mechanismen. In Gegenwart einer Entzündungsquelle – einem heißen Gegenstand oder einer offenen Flamme – findet die thermische Zersetzung des Aluminiumhydroxids in Aluminiumoxid und Wasser statt. Dabei wird der Zündquelle Energie entzogen, da die ausgelöste Zerfallsreaktion Wärmeenergie verzehrt (endotherme Reaktion).

Aluminiumhydroxid:

2 Al(OH)3 + 1075 kJ/kg → Al2O3 + 3 H2O

Der gleichzeitig freigesetzte Wasserdampf kühlt zusätzlich die Materialoberfläche und verdünnt insbesondere die Konzentration brennbarer Gase in der Umgebung des angegriffenen Kunststoffs. Der Oxidrückstand selbst hat eine hohe innere Oberfläche und kann somit Rußpartikel beziehungsweise Vorprodukte des Rußes (polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe, PAK) adsorbieren.

Außerdem wirkt die Oxidschicht als „Schutzschild“, die die Abgabe brennbarer, niedermolekularer Zersetzungsprodukte eindämmt, und auch als eine Art „Hitzeschild“ nach außen für noch unbeschädigtes Polymercompound wirkt.

Es handelt sich dabei um anorganische, keramische Materialien aus langkettigen Aluminosilikaten mit eingelagerten ausgleichenden Alkalimetall-Kationen, die trotz der relativ einfachen Herstellbarkeit bei Raumtemperatur eine Reihe von verblüffenden Eigenschaften aufweisen. Geopolymere sind feuerfest, säurebeständig, haben sehr gute Festigkeitseigenschaften und zeichnen sich durch eine glänzende Oberfläche mit herausragender Abformungsgenauigkeit aus. Ein Grundrezept besteht zum Beispiel aus speziellem Metakaolin (thermisch behandelte Porzellanerde) und einer Alkalimetall-Silikatlösung (Na- oder K-Wasserglas). Die Mischung erhärtet innerhalb von 24 Stunden zu einer steinharten Keramik, die vielseitig als Binder, Kleber oder Beschichtung verwendet werden kann.

Gemäß dem Motto der NDU „Normal ist gefährlich“ wurden diese in Österreich immer noch unüblichen Materialien in Hinblick auf ihre Design-Tauglichkeit nicht nur abgeklopft, sondern im wahrsten Sinne des Wortes einer Feuerprobe unterzogen. Ohne die großzügige

Materialspende von ACAT/Imerys in Form von Metakaolin (M 1000) und Cordieritschamotte (Artal 23) hätten die Versuche nicht in diesem Rahmen stattfinden können. Die Veranstalter bedanken sich auf diesem Wege nochmals herzlich bei Herrn Gerhard Zima, der dies mit seinem Einsatz erst ermöglicht hat.

Vorab wurden in einer Einführungsvorlesung die geschichtlichen Hintergründe, Anwendungsbeispiele und die vom Begründer der Geopolymerforschung, Prof. Joseph Davidovits bereits 1979 eingeführte chemische Nomenklatur erläutert (Davidovits 2011), (http:// www.geopolymer.org/).

Anschließend wurden von den Studierenden 42 kleine Probekörper hergestellt, wobei die Grundrezeptur aus Metakaolin und speziellem Kali-Wasserglas von den Studierenden frei variiert wurde, und bei der Auswahl von Zuschlagstoffen der Kreativität freie Hand gelassen wurde. Beispielsweise wurden Tannennadeln, Erde mit Gras, Metallspäne, Vitamin-C-Brause oder Salz verwendet, mit teils überraschendem Ausgang (Erhärtung gegen alle Wahrscheinlichkeit, millimeterdicke Ausblühungen). Die Probekörper wurden nach einer Woche entformt, 34 Tage bei Raumtemperatur

gelagert und anschließend einer viertägigen Wässerung unterzogen. 26 Proben überstanden den Wassertest unbeschadet, acht Proben wurden beschädigt und acht zerstört.

Der Wassertest unterscheidet nach Davidovits, ob es sich tatsächlich um eine Geopolymerbindung oder bloß um eine Wasserglasbindung handelt. Beim Craft Studio im Oktober ging es schließlich um’s Ganze – funktionsfähige Feuerschalen sollten gestaltet, hergestellt und im November bei einer abendlichen Party mit Brennholz befeuert werden.

Die Teams der Studierenden wählten ihre Ausgangsmaterialien aus einer Palette von sechs Systemen: High Performance Concrete (HPC), Feuerfestbeton, Ultra High Performance Concrete (UHPC), Romanzement, Geopolymer auf Metakaolinbasis und Geopolymer auf Flugasche/ Hüttensand-Basis. Als Faserbewehrung wurden gecoatete Basalt-Kurzfasern (alkalibeständig) und Glasfasergitter verwendet, als Zuschläge vorwiegend Cordieritschamotte (Artal 23) in zwei Korngrößenfraktionen, auch gewöhnlicher Quarzsand kam zum Einsatz. Insgesamt wurden 14 Schalen hergestellt, davon drei aus Metakaolin-basiertem Geopolymer, drei aus Flugasche/ Hüttensand-basiertem Geopolymer, drei aus HPC mit Sand, drei aus HPC mit Artal 23, eine aus UHPC und eine aus Feuerfestbeton.

Es wurde ein grober konzeptioneller Rahmen für die Formungsmethode vorgegeben: mit Hilfe von dehnbaren Membranen und dazwischenliegender dünner Materialschicht sollten verschiedene Formgebungsstrategien ausprobiert werden. Dabei erwiesen sich manche Mischungssysteme als schwierig zu verarbeiten

(UHPC, Feuerfestbeton) und manche für diese spezielle Methode sogar als gänzlich ungeeignet (Romanzement).

HPC und Geopolymer hingegen waren ohne Probleme so einstellbar, dass die Rheologie auf die Erfordernisse der Folienmethode gut abgestimmt werden konnte. Die Vorabversuche mit Geopolymer erwiesen sich hier bei der Abwägung des Flüssigkeitsanteils als außerordentlich nützlich. Die Schalen wurden nach einer Woche entformt und bis zur Feuerschalenparty am 27. 11. 2015 bei Raumtemperatur gelagert.

Das St. Pöltener Kulturzentrum „Lames“ mit seinen Galerieräumen und weitläufigen Außenanlagen boten einen perfekten Rahmen für die Präsentation der Arbeiten und die anschließende Feuertaufe. Zwei Festmeter Brennholz sorgten für ausreichend Brennstoff für teils mehrere Befeuerungen. Ziel war, die Feuerschalen bis zur Grenze der Belastbarkeit thermisch zu beanspruchen.

Die Überlebensdauern der Schalen bewegten sich zwischen einer halben Stunde und mehreren Stunden. Es wurden acht Schalen komplett zerstört, vier leicht beschädigt (Haarrisse, Abplatzung), eine besonders schöne Schale wurde im Innenraum aufgestellt und daher nicht voll befeuert, und eine Schale „überlebte“ trotz mehrstündiger Befeuerung ohne jeglichen Schaden.

Jene Schale war aus Metakaolin-basiertem Geopolymer, mit Basaltfasern bewehrt, mit Cordieritschamotte (Artal 23) als Zuschlag, grünem zementtauglichem Pigment und einer Wandstärke von rund 15 mm gefertigt worden. Die Schale war den ganzen Abend als „Würstelstand“ genutzt worden und trug nur Verfärbungen auf der Innenseite davon. Es gab keine Haarrisse, beim Anschlagen hörte sich der Klang genauso wie vor der Befeuerung an. Man könnte sie jederzeit wieder befeuern.

Eine Schale aus Flugasche/Hüttensand-basiertem Geopolymer überstand die Feuerprobe ebenfalls fast unbeschädigt, mit nur einem Haarriss. Mit geringen Beschädigungen kamen zwei HPC-Schalen davon. Manche Schalen hielten teilweise sehr lange der Befeuerung

stand, zerbrachen aber schließlich beim Abbau in mehrere Teile.

Eine Abschätzung der Wärmestromdichte, der die Schalen ausgesetzt waren, kann aus der Literatur gewonnen werden. So werden für die drei Hauptbestandteile von Holz, Cellulose, Hemicellulose und Lignin, Verbrennungstemperaturen von 240-350°C, 200-260°C bzw. 280-500°C angegeben (Spearpoint 1999). Die Wärmestromdichten von brennenden Zweigen werden von Sullivan et. al. gemäß Diagramm 1 berichtet. Die Stufen in der Kurve ergeben sich durch den sukzessiven Abbrand verschieden dicker Zweige, die dünnsten zuerst.

Die vom Werkstück über die Zeit aufgenommene Energiemenge in kWs/m² kann graphisch als Fläche unter der Kurve ermittelt werden. Alternativ kann auch nach dem für nicht-schwarze Strahler (Lambert-Strahler) modifizierten Stefan-Boltzmann-Gesetz

P = ε(T) σ A T4,

wobei die Stefan-Boltzmann-Konstante σ = 5,670 · 10-8, für T konstant 500°C (773 K) und ein üblicher Emissionsgrad für Holz von ε=0,98 eingesetzt wird, eine durchschnittliche Wärmestromdichte von P = 19,84 kW/m² ermittelt werden. Die flächenbezogene Energie ist dann

Ef = 19,84 * t [kWh/m²].

Für 5 Stunden wäre demgemäß Ef = 19,84*5 = 99,20 kWh/m², also deutlich (geschätzt 2x) mehr, als sich nach der wohl realistischeren Kurve von Sullivan ergeben würde. Aber man kann daraus eine qualitative Abschätzung für die Größenordnung der nicht ganz unbeträchtlichen Energie gewinnen, der eine Feuerschale ausgesetzt ist und der sie widerstehen muss.

Welche Faktoren waren nun für die Brandbeständigkeit ausschlaggebend? Als eindeutig positiv erwies sich die Verwendung von Schamotte anstatt von Quarzsand, obwohl die Volums vergrößernde Umwandlung von α-Quarz in β-Quarz erst bei 500-575°C stattfindet. Esscheint bereits der etwa um den Faktor 10 geringere Ausdehnungskoeffizient der Schamotte ausschlaggebend zu sein.

Ebenfalls positiv wirkte sich die Menge der eingesetzten Basaltfasern aus, je mehr desto besser. Das Glasfasergitter konnte dagegen nicht verhindern, dass Beton oberhalb des Gitters abplatzte.

Das verdampfende Kristallwasser aus der CSH-Phase der Betonsysteme führt ab ca. 300°C zu explosionsartigen Abplatzungen. Dies war bei einer der vier beschädigten Schalen der Fall. Mit lautem Knall erfolgte rund 25 Minuten nach Brandbeginn eine örtliche Abplatzung direkt unter dem Brandherd. Eine günstige Form der Schale kann dagegen kompensierend wirken, wie sich bei einer runden Stufenpyramidenform zeigte, die trotz intensiver Befeuerung nur geringfügig (1 Haarriss) beschädigt wurde.

Da die Chemie der Geopolymerverbindungen ohne gebundenes Wasser funktioniert, fällt dieser Risikofaktor bei Geopolymeren gänzlich weg. Zusätzlich positiv für die Festigkeit des Geopolymers wirkt sich eine längere Mischdauer von Metakaolin und Alkali-Silikatlösung aus. Die geopolymere Erstarrungsreaktion läuft in zwei Phasen ab, zuerst findet eine Auflösung des Metakaolins statt und anschließend eine Polykondensation oder Geopolymerisation. Es kann also durch Einbringen von Mischenergie während der Lösungsphase die Effektivität der

Reaktion gesteigert werden. Zusammenfassend kann konstatiert werden, dass auch einfache Geopolymer-Mischungen für brandbeständige Anwendungen jedenfalls bis rund 500°C eingesetzt werden können, wenn bestimmte Voraussetzungen beachtet werden (geeignete Faserbewehrung, Mischvorgang, Schamotte). Hochfester Beton mit Microsilica steht demgegenüber nur um Weniges nach, wenn er ausreichend mit Fasern bewehrt wird und Schamotte statt Sand verwendet wird.

Das Setting des Workshops erfolgte nicht nach rein wissenschaftlichen Kriterien, um ein ungezwungenes Experimentieren und Kennenlernen des neuen Materials zu ermöglichen. Dennoch sind die gewonnenen Erfahrungen für alle Beteiligten höchst relevant für den zukünftigen Umgang mit Geopolymeren und das Entfachen einer gewissen Neugierde hinsichtlich dieses vielversprechenden Materials.